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Goal Based What? It’s digitalization, stupid.

  • Autorenbild: David J. Strebel
    David J. Strebel
  • 28. Okt. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 24. Nov. 2021

Wenn ich mit Entscheidungsträgern bei Banken spreche, haben sie von Goal Based Investing in der Regel wenig Ahnung. Warum nur hat es Goal Based Investing, auf Deutsch Zielbasiertes Anlegen, in der Schweiz so schwer?


Zur Beantwortung muss ich vielleicht eine kleine Schlaufe drehen: Es erstaunt, wie stark die Finanzindustrie noch mit der «Digitization» beschäftigt ist. Die «Digitalization» kommt erst langsam in die Gänge, wohl weil Fintechs oder Kunden drängeln. Natürlich ist Digitization eine Voraussetzung für Digitalization. Wir sollten deshalb kurz die Begriffe klären:


Unter Digitization versteht man die Transformation von Daten von analog in digital, damit sie danach einfacher bearbeitet, rascher ausgewertet und flexibler weiterverwendet werden können. Zur Digitalisierung kommt es, wenn es darum geht, mit digitalen Daten neue Geschäftsmodelle, Dienstleistungen, Produkte zu entwickeln, verbesserte Kundenerlebnisse zu schaffen, neue Märkte zu erschliessen, oder Produkte und Dienstleistungen radikal anders zu produzieren.


Und hier, finde ich, wird das grosse Potenzial in der Finanzbranche nicht ausgeschöpft - vielleicht weil es an Kreativität und manchmal auch an Kundenorientierung mangelt? Gerade im Anlage- und Beratungsgeschäft scheint mir das gut sichtbar: Zum Beispiel wenn ich die Beratungsprozesse bei den Banken vor meinem geistigen Auge habe. Sie sind "digitized", das Potenzial der Digitalisierung für das individuelle Beratungserlebnis liegt vielerorts brach.


In diesem Zusammenhang ist mir der jüngste EY-Bankenbarometer aufgefallen. Wenig überraschend wurde darin der Fokus auf die Corona-Krise und ihre Auswirkungen gelegt. Die zunehmende Bereitschaft der Kundschaft zur Nutzung digitaler Kanäle und Angebote schaffe neue Opportunitäten für die Banken und die Versicherungen. Es zeichne sich immer mehr ab, dass die etablierten Player auf hybride Beratung setzen wollten. Nur, wie macht man das?


Bei den meisten Banken ist der Relationship Manager Dreh- und Angelpunkt der Kundenbeziehung. Als Folge davon wird ihm in der Regel eine überraschend hohe Autonomie für Stil, Gestaltung und Inhalt der Beratung gewährt. Man setzt auf den Human Touch. Das ist bestimmt richtig. Aber ist es in Zukunft auch skalierbar und wirtschaftlich? Wenn die Basis darunter kein durchgängiges, konsistentes und verbindliches Beratungs- und Betreuungskonzept bildet, kann ein hybrides Beratungsmodell nicht funktionieren. Der Fokus auf die Compliance mit den regulatorischen Anforderungen (z.B. die Dokumentationspflicht oder Eignung und Angemessenheit) greift viel zu kurz. Hybride Beratungsmodelle verlangen einheitliche Datenmodelle, ineinandergreifende Tools und konsistente Inhalte und Darstellung auf allen Touchpoints.


Unangenehm ist, dass seit geraumer Zeit der Druck auf die Kommissionserträge wächst. Der EY-Bankenbarometer zeigt deutlich, dass die Regional- und Kantonalbanken mit ihrem Zinsgeschäft unter den tiefen Sätzen leiden und deshalb dem Wachstum im Anlagegeschäft hohe Priorität geben. Der Markt ist aber umkämpft - und die Fintech Challengers mischen mit. Deren Marktstellung ist heute noch relativ schwach. Neben dem überschaubaren Mehrwert der aktuellen Angebote dürfte der Grund darin zu suchen sein, dass sich die Vermögen hauptsächlich in den Händen der Babyboomer und der Generation X befinden. Sie alle sind bestenfalls Digitale Immigranten. Mit jedem Tag verschiebt sich das Vermögen aber auf die Digital Natives, die andere Ansprüche haben und für die «digital» die Norm ist. Gemäss den Aussagen der Banken im EY-Bericht ist die abnehmende Kundenloyalität bereits zu spüren. Die etablierten Anbieter setzen strategisch denn auch stark auf die Digitalisierung.


McKinsey & Co. wiederum argumentieren in einer Bankenstudie aus dem Jahre 2020, dass die Macht des personalisierten und kuratierten Contents klar bewiesen sei. Man solle sich nur die Erfolge von vielen Plattformen aus Social Media oder Retail vor Augen führen. Die Banken sollten das Beratungserlebnis personalisieren und den Content entlang aller Kontaktpunkte des Kundens individuell steuern. Dies solle nicht einfach dem Relationship Manager im periodischen Kundenaustausch überlassen werden. Interessanterweise ist davon in der Schweiz noch nicht allzu viel zu sehen. Auch hier gilt: dafür braucht es ein schlüssiges und kohärentes Konzept und ein klares Wertversprechen. Leider sitzen noch viele Anbieter in der Ambivalenzfalle und es fehlt an Knowhow – möglicherweise ist das der Grund für den fehlenden Mut zur Innovation?


Zugegebenermassen mag die Zurückhaltung für ein neues Beratungsparadigma auch mit gewissen, meiner Ansicht nach überholten Konventionen begründet sein, die vom Regulator auch noch gestützt werden. Dazu werde ich mich in einem späteren Blog äussern.


Mich wundert es jedenfalls, dass die Etablierten weiterhin stark ihre Produkte ins Zentrum stellen und die Prozesse darauf ausrichten. Dabei wäre eine ganzheitliche Kundenperspektive und entsprechende Angebote naheliegend, nicht zuletzt in Hinblick auf die Erschliessung neuer Ertragsströme. Beratung ohne Lösung macht keinen Sinn, Lösungen ohne individuelle Problemstellung sind nicht mehr als Produkte im Gestell. Pharma hat es in der Onkologie vorgemacht: weg von der breiten Chemotherapie hin zur individuellen Immuntherapie. Die expliziten und teilweise vielleicht auch unausgesprochenen Ziele der Kunden sollten im Zentrum stehen, dann ergeben sich viele Chancen für Beratung, Cross Selling und Kundenbindungselemente auf den verschiedenen Touchpoints. Mit Goal Based Wealth Management spannt sich ein roter Faden vom Einkommen und Vermögen des Kunden, über die persönlichen Ziele und Verpflichtungen bis hin zur Lösung, Betreuung und Reporting. Disziplinen wie Finanzplanung, Finanzierung, Vorsorge, Anlagestrategie, Vermögensverwaltung und -überwachung greifen wie perfekt abgestimmte Zahnräder ineinander. Dabei erzeugen sie eine Kraft, die für Kunden und Berater Sinn schaffen und zugleich die Kundenbindung fördert. Die Beraterin wird zum Finanzcoach, oder eben zum Goal Based Wealth Manager.


Goal Based Wealth Management ermöglicht ein neues Narrativ und eröffnet zugleich neue Chancen zur Nutzung von Technologie für die Steigerung der Prozesseffizienz, des Kundenerlebnisses und nicht zuletzt des Anlageergebnisses. Deloitte bezeichnet Goal Based Investing folglich als einer von 10 Disruptoren in der Wealth Management Industrie.


Kontaktieren Sie mich, wenn Sie mehr über den Charme bzw. die Chancen von Goal Based Investing erfahren möchten und sich für die digitalen Puzzleteile interessieren.



 
 
 

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